Weiblich, inkontinent, 70 Jahre – und damit zu alt für einen chirurgischen Eingriff? Keinesfalls, denn urogynäkologische Eingriffe sind auch bei älteren Frauen mit Blasenschwäche und / oder Senkung zum Grossteil erfolgreich.
Eine Studie in der Fachzeitschrift „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2019) prüfte nun das anatomische und funktionelle Outcome an 278 Frauen unter 70 Jahren und 129 mindestens 70-Jährigen. Ausgewertet wurden reine Deszensus- und reine Inkontinenzoperationen sowie Kombinationen der beiden.
Die Wahrscheinlichkeit für eine Belastungsinkontinenz und/oder eine Senkung im Becken steigt mit zunehmenden Alter, da die Beckenbodenmuskulatur nachlässt. Jede achte Frau entwickelt im Verlauf ihres Lebens eine relevante Senkung am Beckenboden (Deszensus genitalis). Zudem kommt es bei jeder siebten Frau zu einer lebensbeeinträchtigenden Blasenschwäche in Form einer Belastungsinkontinenz. (Urinverlust z.B. beim Husten, Springen oder Heben schwerer Lasten). Der Schließmuskelapparat der Betroffenen ist geschwächt. Beide Diagnosen können unabhängig oder kombiniert vorkommen. Eine Senkungung kann allerdings eine Blasenschwäche begünstigen.
Inkontinenz ist häufig Ursache für die Einweisung in ein Altenhei
Eine Blasenschwäche mindert die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und kann weitreichende Folgen haben: Inkontinenz ist ein häufiger Grund für die Notwendigkeit der häuslichen Pflege oder Einweisung in ein Altenheim und somit ein wichtiger Faktor für die Unabhängigkeit und Wohlbefinden im Alter.
Welchen Einfluss hat das Alter auf den Operationserfolg?
Es verschiedene Operationsmethoden, die bei einer Senkung oder einer Belastungsinkontinenz zum Tragen kommen. Oftmals wird auf Grund des Alters auf einen operativen Eingriff verzichtet, da unklar war, welche Auswirkungen das Alter auf den Operationserfolg hat.
Eingriffe auch jenseits der 70 größtenteils erfolgreich
Die Studie zeigt eine Erfolgsquote der Deszensus-Operation bei Frauen über 70 Jahren mit rund 84 Prozent an. Unter den jüngeren Patientinnen waren die Eingriffe bei gut 93 Prozent der Frauen erfolgreich. Das Gelingen der Operation wurde durch einen Funktionstest am Entlassungstag sowie drei bis sechs Monate danach beurteilt.
Diese positiven Ergebnisse zeigen, dass erfahren Operateure weniger zurückhaltend sein müssen, wenn es darum geht, eine Operation bei älteren Patientinnen mit einem guten Allgemeinzustand durchzuführen. Auch ältere Frauen jenseits der 70 profitieren wie die jüngeren Patientinnen von urogynäkologischen Eingriffen bei Blasenschwäche und Senkungen.
* Die Wahl der Altersgrenze von 70 Jahren zur Unterteilung in jüngere und ältere Patientinnen basiert auf der in Deutschland gültigen Definition geriatrischer Patienten.